Und wieder eine neue DWG. Die vorgegebenen Wörter waren: Rosettennebel, Bilderrahmen und Dealer. Eine Horrorkombination, fand ich. Aber schließlich fiel mir doch etwas dazu ein. Ich habe sie auch ursprünglich auf 2.400 Zeichen begrenzen können. Hier allerdings hat die Geschichte am Ende einige Zeichen mehr bekommen.

Das Headerfoto ist leider nicht von mir. Mein Dank geht an Andreas Fink, der das Foto auf Wikipedia zur Verfügung stellt.

Viel Spaß beim Lesen. Elke


Deep Sky

 

Ich bin aufgewühlt. Ein letzter Blick geht zu den Postern und Bilderrahmen an meiner Wand. Sie zeigen Aufnahmen der Milchstraße, wie ich sie mit meinen begrenzten Möglichkeiten fotografiert habe. Astrofotografie ist meine Leidenschaft. Dafür gehe ich auch über Leichen. Also – Spaß jetzt.
Vor kurzem sah ich zum ersten Mal Fotos vom Rosettennebel. Ich war fasziniert und bin es immer noch. Ich muss eine Möglichkeit finden, diese überwältigende Sternenkonstellation zu fotografieren. Nur wie? Als Kommissaranwärterin bin ich von einem Studienplatz in Astrophysik meilenweit entfernt. Wie also komme ich in Coronazeiten in eine Sternwarte hinein?

Mehrmals bin ich um das Gelände der Neumann-Sternwarte auf dem Kleinen Feldberg herumgeschlichen. Das Gebäude befindet sich innerhalb eines gesicherten Forschungsgeländes. Und ist wegen Covid-19 geschlossen. Fast.
Prof. Karl Volckmann kommt da natürlich hinein. Der Typ ist jünger, als es sich anhört. Und echt schräg.

Bei meinem dritten Erkundungsgang – es musste doch eine verdammte Möglichkeit geben, dort reinzukommen – passierte das Unerwartete. Volckmann traf sich vor dem Gelände mit einem stadtbekannten Dealer, hinter dem wir schon lange her waren. Das war ja ein Ding! Was jetzt? Ich war privat vor Ort. Und allein. Aber wie immer nicht ohne Kamera. Kurzentschlossen fotografierte ich den Austausch von weißem Pulver gegen Geld. Na also. Volckmann würde uns zu seinem Dealer führen, wenn man ihm Straffreiheit zusicherte.
Dann kam mir eine andere Idee. Wenn das nicht meine Chance war! Ich hätte was dafür gegeben, sein Gesicht zu sehen, als er am nächsten Tag seine E-Mails öffnete.

Ich stelle mein Auto am Parkplatz Kleiner Feldberg ab. Den Weg kenne ich nun schon gut. Vorsichtshalber versichere ich mich, dass ich meine Dienstwaffe eingesteckt habe. Man weiß ja nie. Volckmann erwartet mich.
„Hast du die Speicherkarte dabei?“, ist das Erste, was ich von ihm zu hören bekomme.
Ich nicke. „Später.“
Es sind faszinierende Bilder, die ich durch das Teleskop zu sehen bekomme. Volckmann steht plötzlich hinter mir.
„Schlampe“, sagt er leise und reißt mir die Waffe aus dem Hosenbund. Dann spüre ich seine Hände auf meinem Busen.
Im nächsten Moment wirbele ich herum und stoße ihn von mir. Volckmann strauchelt und fällt. Dumpf schlägt sein Kopf auf den Stufen der steilen Wendeltreppe auf.
Der wird doch nicht … Mist, kein Puls mehr! Nichts wie weg hier. 

Der Rosettennebel hat einen schönen Rahmen bekommen – schwarz. So viel Pietät muss sein. Schade nur, dass ich niemandem das Foto zeigen kann.