Und ich kann’s doch noch … Schreiben, meine ich 😉
Gestern habe ich auf unserem Adventskranz eine winzige Spinne entdeckt, die von einem Docht zum anderen sprang. Sie hat mich zu einer kleinen Geschichte inspiriert.
Tessi aus dem Tannenwald
Tessi, die kleine Waldwinkelspinne, lebte mit vielen Geschwistern tief im Tannenwald. Zumindest war sie sicher, dass es ein Tannenwald war, denn so erzählte es ihre Mutter. Ihre Mutter hatte es von ihrer Großmutter, diese von Tessi Urgroßmutter, also musste es stimmen. Woher sollten sie auch wissen, dass ihre Vorfahren vor vielen, vielen Jahren mit Setzlingen aus dem Wald entführt worden waren und sich von nun an auf einem riesigen Feld fortpflanzten, das nur zur Anzucht neuer Weihnachtsbäume bestimmt war. Nicht alle Bäume gelangten als Weihnachtsbäume in die guten Stuben. Waren sie nicht schön gewachsen, verwendete man nur ihre Äste.
Eines Tages, Tessi hatte sich gerade zwischen den weichen Nadeln ihres Baums richtig gemütlich eingekuschelt, wurde es laut. Maschinen rissen die Bäume aus der Erde und Menschen warfen sie auf große Lastwagen. Und bevor Tessi richtig begriffen hatte, was da passierte – na ja, so ganz richtig würde sie es nie begreifen, dachte sie in den nächsten Tagen – wurde sie von ihren Geschwistern getrennt. Eine Zeit lang lagen die Bäume in einer großen Halle, bis sie erneut auseinander gerissen wurden. Und plötzlich wurde Tessi in ihrem Zweig mit ihr völlig fremden Zweigen gedreht und verzwirbelt, dass ihr richtig schwindlig wurde. Was geschah hier nur?
Als sich Tessi wieder erholt hatte, stellte sie fest, dass sie auf den Zweigen im Kreis herumlaufen konnte. Zwischen den Tannennadeln entdeckte sie rot und golden angemalte Kiefernzapfen, deren Farbe sie zum Niesen brachte. Überhaupt – Kieferzapfen in Tannenzweigen? Wo gab es denn sowas? Vier eigenartige harte Stöckchen staken im Rund. Als Tessi an einem hochkrabbelte, erreichte sie plötzlich einen Teller. Auch golden und mittendrauf etwas Glattes, Rotes. Auch das roch fremd, sehr fremd.
Tessi kroch auf dem roten Ding herum, bis sie in der Mitte wieder so ein Stöckchen entdeckte. Es war weiß und ziemlich kurz. Erschöpft hielt sie auf der Spitze einen Moment inne. Sie wollte in ihren Wald zurück. Abenteuer waren ja schön und gut, aber das hier gefiel ihr überhaupt nicht. Nein, ganz und gar nicht. Außerdem vermisste sie ihre Geschwister. Plötzlich erreichte ein stechender Geruch ihre Nase und … Feuer! Gefahr! Ganz instinktiv wusste sie, dass sich ihr etwas näherte, wovor sie fliehen musste. Schnell visierte sie das nächste weiße Ding an und sprang.
„Mama! Mama guck mal.“ Aufgeregt pustete Liliane das große Streichholz aus, mit dem sie gerade die erste Kerze am Adventskranz anzünden wollte.
„Was ist denn, um Himmels willen? Hast du dich verbrannt?“
„Nein. Aber da ist eine kleine goldene Spinne. Sie ist gerade von meiner Kerze zur nächsten gesprungen.“
„Ihhh“, brüllte Max. „Mach sie tot. Ich mag keine Spinnen.“
„Bist du doof?“ Liliane sah ihren kleinen Bruder wütend an. „Die ist winzig. Und außerdem sind Spinnen nützliche Tiere.“
„Mag ich trotzdem nicht“, maulte Max.
„Wo ist sie denn?“ Mutter sah stirnrunzelnd auf den Kranz.
Liliane zuckte mit den Schultern. „Jetzt seh‘ ich sie auch nicht mehr. Sicher ist sie zwischen die Nadeln gekrabbelt. Soll ich die Kerze trotzdem anzünden?“
„Na klar. Zwischen den Zweigen kann ihr ja nichts passieren. Und falls ich sie sehe, dann trage ich sie hinaus ins Freie.“
©ElkeHeinze 2020
(Nur zur Information: Ich weiß nicht, welcher Art diese Spinne angehört, aber den Namen Waldwinkelspinne fand ich passend. Und dass die Zweige oben im Headerbild keine Tannenzweige sind, ist mir auch klar.)
Ja , du kannst noch so gut schreiben und es war berührend und grossartig geschrieben liebe Elke!
Ich liebe solche Geschichten und ich hatte sogar mit leid mit der süssen Waldwinkelspinne ( toller ausgedachter Name).Vielleicht schreibst du noch weiter…..
Danke dir!
Lieben Gruss Elke
Der Name ist nicht wirklich ausgedacht. Es gibt eine Waldwinkelspinne und sie sieht meiner zumindest ähnlich. Aber ob es eine ist, das weiß ich wirklich nicht. Danke fürs Lesen.
Ein schönes Ende deiner niedlichen Geschichte liebe Elke, das
kleine Spinnchen hat sicher ein sicheres Versteck gefunden…
Nochmals liebe Grüße zu dir, einen lichterfüllten ersten Advent
wünsche ich dir, Karin Lissi
Ich habe sie gerade wieder gesehen. Sie wohnt nach wie vor im Adventskranz.
Einen absolut schöne Geschichte liebe Elke. Genaus so könnte sie stattfinden, wer weiß schon was in den kleinen Geschöpfen so vor sich geht wenn sie „entführt“ werden. So wie ja auch in NY mit der Eule^^
Bei mir werden Spinnen auch nach draussen gebracht, ab in die Freiheit und Tessi dürfte bei der Familie auch viel Glück haben.
Danke dir für diese Geschichte, eine schöne Einstimmung in den Adventssonntag.
Liebe Grüsse auch hier nochmal
N☼va
Draußen ist es jetzt aber so kalt. Im Moment darf sie noch im Adventskranz wohnen bleiben.