Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, Corona beim Schreiben außen vor zu lassen. Aber nicht nur das Thema, auch die charakteristischen „Noppenbällchen“ hat man täglich vor Augen. Und weil im Forum der Schule des Schreibens die Januargeschichte fällig war, ist dann doch eine Corona-Geschichte entstanden. Vorgaben gab es anders als bei den DWGs keine.
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Wirtswechsel

Heute könnte ich mich mal wieder kugeln, wenn ich daran denke, wie leicht sie es mir machen. Das Wetter ist bescheiden – nass, kalt, äußerst unfreundlich. Zumindest sehen das meine Gastgeber so. Am Wochenende war das noch ganz anders. Blauer Himmel, Sonnenschein. Alle stürmten sie die Rodelpisten. Blöd nur, dass die Zufahrtswege zum Taunus für Autos inzwischen gesperrt sind. Aber die Blagen quengeln. Da müssen Mami und Papi halt mit Kind und Kegel auf den Bus umsteigen. Hei, was war das ein Gedränge! Mensch an Mensch und die wenigstens mit diesen komischen Dingern vorm Gesicht, die einem das Leben so schwer machen.
Ganz anders am Tag zuvor bei der hübschen Lehrerin. Im eiskalten Klassenzimmer saßen nur wenige Schüler und ständig wurden die Fenster aufgesperrt. Ich erinnere mich, wie sie zitterte, und hoffte nur, dass sie nicht niesen würde. Ich hasse dieses Tornados, die mich dann irgendwohin katapultieren. Niemand fragt mich, ob ich damit einverstanden bin. Man hat ja auch Gefühle. Im Schnee schien sie die Kälte nicht zu stören. Warm angezogen hing sie am Arm ihres Freundes und himmelte ihn an. Die Lippen kirschrot nachgezogen. Logo, dass sie da keine von diesen albernen Tüten im Gesicht brauchen konnte.
Mir gefiel der Typ auch. Sie sprechen immer von dem Virus. Total unverschämt. Ich bestehe darauf, dass ich eine Viruline bin. Nein, nicht Violine – V i r u l i n e ! Als die beiden sich küssten, habe ich meine Chance genutzt. Er war noch unbesetzt – ha!

Heute ist er traurig. Nicht ihretwegen. Nein, er besucht die alte Frau, die er Oma nennt. Sie liegt ganz ruhig in ihrem Bett. Er streichelt ihre Hände. Die Tüte vor dem Gesicht hat er abgenommen, als sich zu ihr runterbeugt, um mit ihr zu sprechen. Vermutlich hört sie schlecht. Sie ist müde. Als sie eingeschlafen ist, geht er.

Taunuszeitung vom 19.01.2022

478 Menschen im Main-Taunus-Kreis sind aktuell an der siebenunddreißigsten Mutation von Covid-19 erkrankt. Das Gesundheitsamt meldete am Montag acht weitere Todesfälle. Es verstarb eine Achtzigjährige im Altenheim von …

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Für das Headerbild habe ich eine gemeinfreie Abbildung des Virus bei Wikipedia benutzt.

Seit ein paar Tagen sitze ich – hallelujah! – wieder am Manuskript zum zweiten Enno-von-Altenburg-Krimi. Angefangen habe ich damit vor ziemlich genau einem Jahr, direkt nach dem Erscheinen von Tod unter dem Steinkreuz. Erst lief es gar nicht schlecht (fand ich zumindest), dann war plötzlich die Luft raus. Seitdem schmort das Manuskript auf meiner Festplatte. Jetzt geht es weiter. Und ein größerer Teil wird komplett umgestrickt. Ich hoffe, dass diese neuen Ideen dazu führen, dass ich mit diesem Anlauf dann auch wieder einen prima Krimi fertigstellen werde.