Sprechen wir mal über: Bokeh

‚Bokeh‘ ist bei FotografInnen seit einigen Jahren ein kaum noch wegzudenkender Begriff, wenn es um ästhetisch-schöne Fotos geht, aber auch wenn wir über Kamerasensoren und Objektiv-Brennweiten bzw. die Lichtstärke von Objektiven sprechen. Da gibt so merkwürdige Begriffe wie das ‚cremige‘ Bokeh oder auch ganz konträr dazu das ‚Seifenblasen‘-Bokeh. 

Was versteckt sich hinter dem Begriff ‚Bokeh‘?

Und wieder einmal haben wir es mit einem japanischen Wort zu tun. Bokeh bedeutet zunächst einmal nichts Anderes als Unschärfe und meistens ist auf Fotografien damit der Hintergrund gemeint. Aber selbstverständlich kann es auch ein Vordergrund-Bokeh geben. Durch eine geringe Schärfentiefe soll das Auge auf das Hauptmotiv gelenkt werden. Das ist vor allem in der Porträtfotografie wichtig, aber nicht nur dort. Den geringsten Stellenwert wird es vermutlich in der Landschaftsfotografie einnehmen, wenn man auf einem Bild von vorn bis hinten alles scharf haben möchte. In der Makrofotografie haben wir eher das Problem, dass unser Motiv zu schnell in der Unschärfe verschwindet.

Das Headerbild und dieses Foto sind völlig unterbelichtet und als Gegenlichtaufnahme an unserem Teich entstanden. Eigentlich hätte ich sie löschen müssen, aber nun dienen sie wenigstens noch als Beispiele. Das Bokeh, wenn man hier überhaupt noch davon sprechen will, erscheint hier als ziemlich unruhige kleine Lichtkreise, sowohl im Hinter- als auch im Vordergrund.

Grob gesagt, erhalten wir eine geringe Schärfentiefe, wenn wir mit weit offener Blende fotografieren, also beispielsweise f/1.8, und eine große Schärfentiefe, wenn wir mit extrem geschlossener Blende arbeiten, also z. B. f/22.  Aber es spielt auch der Abstand zwischen der Sensorebene und dem Objekt eine große Rolle. Je geringer dieser Abstand ist, desto schneller tritt die Unschärfe ein. In der Makrofotografie bedeutet das oft, dass mein Insekt selbst bei Blende 11 nicht mehr durchgängig scharf dargestellt wird.


Olympus OM-D E-M5 Mark III (MFT-Sensor) mit dem Lumix G 25/f 1.7 – Blende 2.8

Die Blende eines Objektivs schließt und öffnet sich über Lamellen. Es sind diese Lamellen, ihre Anzahl und wie sie beschaffen sind, die je nach Lichteinfall ein unterschiedliches Bokeh erzeugen, von sanften kreisrunden Bällen über solche mit gut sichtbaren Rändern bis zu den ‚Zwiebelringen‘ oder den ‚Donut‘-Bokehs. Diese besonderen Bokehs – also eigentlich die Kreise, die einfallendes Licht im unscharfen Hintergrund erzeugt – findet man oft bei alten, analogen Objektiven, den heute sogenannten Vintage- oder Altglasobjektiven. Ich habe in meinem Bestand z. B. das Helios 44-2/58 mm, das für ein Swirly-Bokeh bekannt ist.

Swirly Bokeh mit dem Helios 44-2/ 58 mm, am 9. November 2021 noch an der Sony A7M3 (Vollformatsensor)

Und was hat das nun mit der Sensorgröße zu tun?

Bei einem kleineren Sensor ist bei gleicher Entfernung, gleichem Bildwinkel und gleicher Blende die Schärfentiefe größer als bei einem Vollformatsensor, das Bokeh ist somit unruhiger. Um ein schöneres Bokeh zu bekommen, muss ich also etwas verändern, im Allgemeinen die Blende weiter öffnen. Außerdem ist es günstig, wenn der Abstand zwischen dem Hauptmotiv und dem Hintergrund möglichst groß ist, damit der Hintergrund in der Unschärfe verschwindet. Also immer möglichst nah ran an das eigentliche Motiv (Vorsicht bei Raubkatzen, Schlangen oder offenem Feuer) 😉 Mit langen Brennweiten ist es deutlich einfacher, den Bokeh-Effekt zu erzeugen. Bei einer längeren Brennweite wird das Hauptmotiv näher herangeholt und der Hintergrund wird komprimiert, was zu einem stärkeren Bokeh-Effekt führt. 

Die Canon R8 (Vollformat) mit dem RF 100-400 mm erzeugt auch bei Blende f/8.0 und 300 mm Brennweite sowohl ein scharfes Makro als auch ein ‚cremiges‘ Bokeh.

Wenn sonst nichts hilft, hilft Photoshop

Inzwischen kann man auch nachträglich durch Bildbearbeitungsprogramme das Bokeh künstlich beeinflussen. Diesen Trick benutzen mehr oder minder gut auch die Kameras der Smartphones bei der Einstellung ‚Porträt‘. Durch den Einsatz der Künstlichen Intelligenz werden diese Programme in dieser Beziehung immer perfekter. Lightroom und Photoshop bieten dafür den Filter Tiefenunschärfe oder Objektivunschärfe an.

Warum ist ein schönes Bokeh so beliebt?

  • Du trennst dein Hauptmotiv vom Hintergrund und lenkst den Blick des Betrachters
  • Bunte Lichtkreise können Stimmung erzeugen, z.B. bei Nachtaufnahmen. Da darf das Bokeh dann auch mal etwas unruhig sein. Jetzt im Herbst können Unschärferinge durch Gegenlicht hinter buntem Laub interessante Effekte ergeben.
  • Mit dem Bokeh im Vorder- und Hintergrund lässt sich auf einem zweidimensionalen Foto eine Tiefenwirkung (3D) erzeugen.

3D-Effekt: Nikon Zfc (APS-C Sensor) mit Nikkor 50 mm Makroobjektiv Z MC 50 mm / 2.8

Ich hoffe, das war jetzt nicht zu viel Theorie und ein bisschen interessant. Bei dem heute mal wieder scheußlichen Wetter fiel mir nichts Besseres ein. Ich habe zwar heute das Eichhörnchen-Futterhaus 3.0 aufgehängt, aber noch keine Eichhörnchen fotografieren können. Mein aus dem Bausatz selbst zusammengezimmertes hat sich bei dem Dauerregen als Schrott herausgestellt. Die Einzelteile waren von vornherein verzogen. Bisher haben sich nur ein paar Meisen für das neue Häuschen interessiert und sind enttäuscht wieder abgezogen.

Ganz ohne Bokeh 😉

Und schon geht im Westen unter, was sich den ganzen Tag nicht hat blicken lassen. Macht es euch gemütlich, ihr Lieben. Und ich guck mir jetzt noch ein paar von euren schönen Beiträgen zum Naturdonnerstag an. Herzlichen Dank dafür.

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Bernhard
1 Jahr zuvor

Upss, mein swirlendes und unruhiges Boke wurde gar nicht erwähnt … liebe Elke 🙂

LG Bernhard

Jutta
1 Jahr zuvor

Liebe Elke,

ich melde mich hier mal, weil ich im Moment wieder nicht an deine aktuellen Posts herankomme, da ich immer zur Startseite verbunden werde und wenn ich auf Blog gehe,
ist das hier der letzte Post, der mir angezeigt wird. Ich habe auch keine Ahnung woran das liegen könnte, denn ich habe bei mir nichts verändert.

Liebe Grüße
Jutta

Jutta
1 Jahr zuvor
Reply to  Elke Heinze

Ja, vielen Dank! Ich habe es jetzt noch einmal über mein neues Handy versucht und über Google deine Seite aufgerufen. Ist aber genauso. Die letzten beiden Posts fehlen.

Jutta
1 Jahr zuvor
Reply to  Jutta

Ja, und jetzt nachdem ich deine beiden Posts kommentiert habe, sind sie auch sichtbar. Da muss irgendwo die Technik spinnen. Keine Ahnung!

Jutta
1 Jahr zuvor
Reply to  Elke Heinze

Kann ich jetzt nicht mehr sagen, ob die vorhin zu sehen waren. Jetzt sind sie da. Muss ich beim nächsten Mal drauf achten.

Elke Schwarzer
1 Jahr zuvor

Hallo Elke!
Sehr gut erklärt!
Ich hatte mal ein 500 mm-Spiegeltele mit natürlich Festbrennweite 8 und Kreisen im Bokeh. War nicht einfach mit dem Ding.
Viele Grüße
Elke

Bernhard
1 Jahr zuvor
Reply to  Elke Schwarzer

Das ist das bekannte Donout-Bokeh, das ist nicht jedermanns Sache …

LG Bernhard

Arti
1 Jahr zuvor

Mein Lieblingsbokeh sind in der Adventszeit die bunten, unscharfen Lichter im Hintergrund, so ähnlich wie dein header.
Bei meinen Mäusen hast du aber super hingeschaut! Zwischen den ganzen Tellern, Gläsern und Vasen standen ein paar Deko-Figuren. Ich nehme mal an, wenn die Tiere dort nicht in „ihrem“ Zimmer sind, sondern hinter den Kulissen, dann haben die Besucher zumindest etwas zum Anschauen.
Wünsche dir ebenfalls ein schönes Wochenende
Arti

Gudrun
1 Jahr zuvor

Ich finde es schön, dass und wie du dein Fotowissen weiter gibst, liebe Elke. Danke. Man merkt, dass du viel Erfahrung hast, sieht es ja auch an deinen Bildern.
Herzliche Grüße an dich.

Träumerle Kerstin
Träumerle Kerstin
1 Jahr zuvor

Das hast du jetzt aber schön erklärt. Guten Morgen Elke.
Tiefenschärfe ist eine feine Sache. Ich mag solche Bilder. Da ich aber eh meist nur Natur fotografiere, da will man alles scharf haben. Wie du schon schreibst.
Die Meise wird sich wohl gefragt haben, wie sie die Nüsse aufbekommen soll 🙂
Ich füttere auch jeden Tag und Theo sitzt dann gebannt am Fenster und würde gern jagen 🙂
Liebe Grüße ins Wochenende von Kerstin.

Edith
1 Jahr zuvor

Liebe Elke,
so tief werde ich mich wohl nicht mehr in die Fotografie einarbeiten, aber interessant was alles möglich ist. Wenn es mit der KI klappt, kann fast jeder gute Fotos machen, da kommt was auf uns zu. Dein Brombeerfoto sieht klasse aus. Die Meise wird sich denken, Futter ja, aber wie soll ich das knacken?? Dass die Meisen enttäuscht abgezogen sind, liegt sicher nicht am Häuschenbau. Der Sonnenuntergang ist einmalig, diesmal eher gelblich, ein andermal wieder rötlich so gefallen mir die Sonnenuntergänge.
Liebe Grüße
Edith

Jutta
1 Jahr zuvor

Liebe Elke,

auch ich sage herzlichen Dank für deine ausführlichen Erklärungen. So eine kleine Nachhilfelektion ist immer gut und dann rosten auch die grauen Zellen nicht ein.
Deine Aufnahmen sind sehr schön. Der kleinen Blaumeise sieht man die Enttäuschung richtig an und der Abendhimmel sieht fantastisch aus.

Liebe Grüße
Jutta

doris
1 Jahr zuvor

Vielen Dank, liebe Elke, für deine detaillierten Auffrischungen und Definitionen. Ich bin immer froh, meine „Kenntnisse“ bestätigt zu finden 😊. Und Neues dazu zu lernen ist ja auch nicht verkehrt.
Herzlich, do

Karin Lissi Obendorfer
1 Jahr zuvor

Ich finde es prima liebe Elke, dass du Dein Wissen und Deine Erfahrungen weiter gibst!
Die Fotos sind wieder erste Sahne und herrliche Bokehs hast du eingestellt.
Danke für die tolle Unterrichtsstunde 👍🍁🍂
Sei auf dass Herzlichste gegrüßt von mir, Lissi